04.01.2021

Seitenblick: Meine Corona-Füchsin

Pünktlich zum Lockdown im Frühling sah ich den Fuchs im Garten. Meister Reinecke kam in den folgenden Wochen immer wieder, meist in der Morgendämmerung. Eines Tages wurde klar, dass das Tier eine Füchsin ist – es hatte ein Junges dabei.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Mein erster Gedanke war, der tierische Nachbar zeige sich, weil deutlich weniger Autos auf der nahen Hauptstrasse fuhren. Denn der Fuchs ist scheu; sobald er mich erspähte, nahm er Reissaus. Allerdings ist der Fuchs auch schlau: Er hat gemerkt, dass es in Siedlungsgebieten leichte Beute in Form von Essensabfällen der Menschen gibt. In der Stadt Zürich sollen 1300 Rotfüchse leben.[caption_left: Familie Fuchs im Garten.]Normalerweise flüchtete der Fuchs, sobald er mich sah. Aber einmal lag eine tote Maus im Garten, die wohl die Katze liegen gelassen hatte. In diesem Moment hielt der Fuchs kurz inne, taxierte mich – in der Stube stehend – nicht als unmittelbare Gefahr und schnappte die Maus, bevor er rasch im Unterholz verschwand.Der Fuchs ist ein Nahrungsopportunist. Er bevorzugt Nahrung, die er in kürzester Zeit und mit möglichst wenig Energieaufwand besorgen kann. Das klappt in einem Wohngebiet vorzüglich – und deshalb war es wohl naheliegend, dass ich früher oder später Besuch von der Familie Fuchs bekam. Dass das gleichzeitig mit dem Lockdown geschah, war wohl Zufall. Jedenfalls sagten mir das Leute, die das Wesen des Fuchses kennen.Allerdings habe ich die Lockdown-Theorie nicht ganz abgeschrieben. Denn seit die Strasse wieder belebter ist, habe ich die Füchse nicht mehr gesehen.