28.04.2018

Sicherheit wird bestritten

Heerbrugg Ausgerechnet bei den Schulen fehlt noch eine Tempo-30-Zone. Zwei Kritiker wehren sich weiterhin gegen dieses und jenes. Nicht das langsame Fahren sei das Problem, sondern die Massnahmen seien es.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Die Polizei ist im Ausschildern erfahren und weiss, welche Signalisation welche Wirkung hat. Die Anwohner dagegen erleben tagtäglich, wo Schüler und andere Verkehrsteilnehmer sich wie bewegen, wie sie sich an welcher Stelle verhalten und wann es gefährlich wird.Klaus Burkhardt ist seit einem Vierteljahrhundert an der Tödistrasse daheim. Er legt einen riesigen Plan auf den Stubentisch und einen Zeitungsbeitrag vom Juni 2012 dazu. Auf dem Foto sind dreissig Anwohner zu sehen. Sie wehrten sich gegen ein Ende des freien Parkierens. Heute kann zum Beispiel auf der breiten Tödistrasse jeder das Auto beliebig am Strassenrand abstellen. Diese Freiheit sollen weisse Linien beenden. Parkfelder, die künftig bestimmen, wo Fahrzeuge stehen und wo nicht.Die zwei Gegner, die sich einer Tempo-30-Zone nach wie vor in den Weg stellen, haben in dieser Sache bereits mit dem dritten Gemeindepräsidenten zu tun. Nach Walter Grob und Stefan Suter ist Christian Sepin der Mann, dem Burkhardt (wie Sepins Vorgängern) mangelnde Gesprächsbereitschaft vorwirft. Weder ein runder Tisch noch ein Workshop seien angeboten worden. Burkhardt hätte sonst die seines Erachtens zu bemängelnde Unverhältnismässigkeit mehrerer Massnahmen vorgebracht – Massnahmen, die überdies in manchen Fällen nicht der Sicherheit dienten, sondern vielmehr die Gefahr erhöhten.Der Gemeindepräsident entgegnet, im Jahr 2015 seien viele Gespräche mit den Einsprechern geführt und mehrere Zeichnungen angefertigt worden, denen Wünsche und Gegenvorschläge der Kritiker zugrunde lagen. Schliesslich habe sich eine Einigung mit den Einsprechern erzielen lassen, die unterzeichnet worden, tags darauf jedoch widerrufen worden sei. An diesem Punkt habe die Gemeinde es als sinnvoll erachtet, den Kanton entscheiden zu lassen, sagt Christian Sepin.Der Entscheid liess auf sich warten. Die Umstände sind kompliziert. Schon darum, weil die baulichen Massnahmen einerseits und die Signalisationen andererseits nicht Gegenstand eines einzigen Verfahrens sind, sondern je separat zu beschäftigen haben. Verengungen und andere Hindernisse baut die Gemeinde, hingegen ist für die Verkehrsanordnungen die Kantonspolizei zuständig.Die beiden Zone-Gegner, die sich rechtlich wehren, hatten mit ihren Einsprachen bis jetzt nicht den erhofften Erfolg. An der Bürgerversammlung im März gab Christian Sepin bekannt, dass der Kanton sich für die Tempo-30-Zone ausgesprochen und beide Einsprachen abgewiesen habe. Doch inzwischen sind die Gegner in die nächste Runde eingestiegen, was für sie sehr teuer werden kann. Der Kostenvorschuss, der dem Verwaltungsgericht als nächster Instanz zu leisten war, betrug für das eine Verfahren 4000 Franken, für das andere 2500.In einem gewichtigen Punkt haben Burkardt und sein Mitstreiter allerdings recht bekommen. Es geht um die von ihnen beklagte unzulängliche Koordination. Die Anwohner hatten nicht von Anfang an alle massgeblichen Informationen auf dem Tisch gehabt. Sie waren nicht gleichzeitig über die zu erwartenden Verkehrsanordnungen und die mit ihnen zusammenhängenden baulichen Massnahmen ins Bild gesetzt worden.Mitten im Verfahren änderte das Verwaltungsgericht in einem anderen, ähnlichen Rechtsstreit die bisherige Praxis. Das Gericht entschied, dass bei der Vorlage von Verkehrsanordnungen und mit ihnen zusammenhängenden baulichen Massnahmen die Pflicht zur Koordination bestehe. Das Urteil entsprach also exakt dem, was auch die Heerbrugger Rekurrenten für ihr Verfahren gefordert hatten.Die Einsprecher beklagen zudem die uneinheitliche Regelung innerhalb eines klar begrenzten Gebietes. Der Grund für diese Uneinheitlichkeit ist die Gemeindegrenze, die das Gebiet durchschneidet, und der Unwille auf Bernecker Seite, die Tempo-30-Zone der Heerbrugger auf ihr eigenes Gebiet auszudehnen.Daneben stört Klaus Burkhardt eine ganze Reihe von geplanten Massnahmen, die seines Erachtens nicht mehr Sicherheit, sondern eine Verschlechterung zur Folge haben. Zusätzliche Hindernisse in der Karl-Völkerstrasse lehnt er ebenso ab wie das Eingangstor am Hirschenweg – an einer Stelle, die der Einsprecher für gefährlicher hielte, sollte das Tor gebaut werden. Auch die Entfernung von bewährten Spiegeln an unübersichtlichen Stellen ist Klaus Burkhard ein Dorn im Auge, so sehr, dass er am Schluss seiner Einspracheschrift darauf zurückkommt und rhetorisch fragt, was besser sei: Die Entfernung des Spiegels und regelmässiges Schneiden der Büsche am Strassenrand oder die Beibehaltung des Spiegels sowie eine Stopplinie an der Einmündung der Gmündstrasse. Bei dieser Verzweigung ist im Zuge der Erneuerung der Brändlistrasse das Trottoir etwas verbreitert und eine Verengung leicht verbreitert und der Strassenraum enger worden (siehe Foto).Seit Planungsbeginn sind sieben Jahre vergangen. Alle anderen geplanten Tempo-30-Zonen der Gemeinde Au-Heerbrugg sind fertig. Mit Blick auf die letzte, noch fehlende Zone, passt der vor einem Jahr in dieser Zeitung gesetzte Titel nach wie vor: „Im Schneckentempo zu Tempo 30.“Fortsetzung folgt.Irgendwann.