09.07.2019

Turner bezaubern und werden bezaubert

Die Rheintaler Gruppe «Swiss Fantasy» trat gestern erstmals an der 16. Gymnaestrada in Dornbirn auf. Zwei weitere Shows folgen.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Zum zweiten Mal nach 2007 findet in dieser Woche das alle vier Jahre durchgeführte Weltturnfest in Vorarlberg statt. 20 000 Menschen aus 60 Ländern bezaubern die Zuschauer noch bis nächsten Samstag.Darunter ist auch die Gruppe «Swiss Fantasy», die von 65 Turnern und vor allem Turnerinnen gebildet wird, die überwiegend aus dem Rheintal stammen – aus Turnvereinen in Diepoldsau, Marbach oder Oberriet. Gruppenkoordinator ist Urs Lüchinger vom STV Balgach, dessen Verein natürlich auch zahlreich vertreten ist. Fast zwei Jahre haben die Mitglieder der Gruppe trainiert und dabei bis zuletzt an ihrem 15-minütigen Programm gefeilt. Den ersten Auftritt hatten die Turnerinnen und Turner an der Gymnaestrada-Vorpremiere in Wid-nau von Ende April.Gestern war für «Swiss Fantasy» die Premiere an der Gymnaestrada. Zwei weitere Male wird die Gruppe in der Halle 13 des Messequartiers in Dornbirn ihr Programm zeigen – heute Mittwoch um 10.40 Uhr und am Freitag um 16.20 Uhr.Halle schon am frühen Morgen restlos gefülltTrotz der frühen Uhrzeit des ersten Auftritts (9 Uhr) war die Halle restlos gefüllt, die Zuschauer begleiteten den 15-minütigen Auftritt mit Aktobatik-, Tanz-, Gymnastik- und Geräteturn-Elementen mit rhythmischem Klatschen. Im Publikum sassen unter anderem Turnerinnen aus Portugal, aber auch viele, die sich durch ihre Jacke als Mitglied eines Rheintaler Turnvereins zu erkennen gaben.Während und nach dem Auftritt der Rheintaler Gruppe veranstalteten sie die für die Gymnaestrada typische ausgelassene Stimmung. «Die Zuschauer klatschen immer», sagt Kurt Rüdisühli, Gruppenleiter von «Swiss Fantasy» und einer der Gymnaestrada-Routiniers.«The Cube» heisst ihr Programm, Würfel spielen also eine Rolle. Bunte Würfel in verschiedenen Grössen. Selbst das Gerüst, an dem die Geräteturner ihre schnellen Drehungen und Wendungen präsentieren, ist einem Würfel nachempfunden.Im Gedächtnis bleibt der Würfel aber als Grundfigur des puzzleartigen Computerspiels Tetris. Denn gleich zu Beginn ertönt die wohl jedem bekannte Musik des Computerspiel-Klassikers, der mehr als 100 Millionen Verkäufe eingespielt hat. Mit mechanisch anmutenden Bewegungen ahmen Turnerinnen in bunten Perücken die eckigen Tetris-Steine nach. Danach nimmt die Aufführung Fahrt auf. Teilweise passiert für die Aufnahmefähigkeit des menschlichen Auges fast zuviel auf der Bühne: Im Hintergrund werden Salti gesprungen, während vorne die Bodenturnerinnen im Einsatz sind und sich daneben die Gymnastinnen vorbereiten.Aber dafür gibt’s ja drei Aufführungen: Wer sich auf eine Figur konzentriert hat, kann beim nächsten Besuch das andere Element genauer anschauen.Völkerverbindend und teilweise auch hochklassigDie Auftritte an der Gymnaestrada werden nicht benotet. Dennoch blicken die Rheintaler auf einen geglückten Auftritt zurück. Es ist eine Show, die den Zuschauern in Erinnerung bleibt. Turnerisch ist das Gezeigte teilweise anspruchsvoll und immer auf einem passablen Niveau. Die Shows an der Gymnaestrada sind von unterschiedlicher Qualität. Man sieht, dass Länder wie Mexiko oder Angola keine turnerische Tradition haben – im Gegensatz zu osteuropäischen Staaten, die zum Teil (nahezu) auf internationalem Spitzenniveau turnen.Aber um die Qualität der Aufführung geht es an der Gymnaestrada nicht. Das Weltturnfest ist geprägt von ansteckender Fröhlichkeit und es vereint für eine Woche Menschen aus allen Teilen der Welt. Das macht für fast alle die Faszination der Gymnaestrada aus, auch für die St. Galler Rheintaler, die nicht etwa zu Hause wohnen, sondern in einem Schulhaus in Lustenaus Zentrum. So schildert Kurt Rüdisühli das Fest vom ersten Abend: «Vor uns waren Mexikaner, dahinter Australier und daneben standen Kanadier. Alle liessen sich von der Stimmung begeistern. Das ist der Grund, weshalb mich die Gymnaestrada immer noch fasziniert.»