Noch sind die kürzesten Tage des Jahres nicht da. Noch kommt kaum einmal allzu dichter Nebel auf, der uns gänzlich die Sicht nehmen würde. Und trotzdem fühlt sich der November für viele als der dunkelste Monat des Jahres an. Vielleicht liegt das daran, dass wir noch gut präsent haben, wie hell und lang die Tage gerade noch waren; wie schön die farbigen Blätter doch an den Ästen hingen, bevor sie nun in diesen Tagen zu Boden tanzen. Und gleichzeitig müssen wir uns noch etwas gedulden bis zu den Lichtlein und Lichtern rund um den Advent und um Weihnachten, die dann irgendwann wieder ein bisschen Wärme und Licht in unsere Stuben bringen.
Nicht zuletzt ist besonders in der katholischen Tradition ja der November mit dem Feiern von Allerseelen auch durch das Gedenken an unsere Verstorbenen geprägt.
Uns wird mit Blick auf die sich verwandelnde Natur und auf die Gräber unserer Liebsten wieder bewusst, wie wenig wir Menschen eigentlich tatsächlich in der Hand haben. Das ist immer wieder neu eine überaus schmerzliche Erkenntnis: Alles Leben auf dieser Erde ist endlich. Auch sonst bringt das Leben allzu oft viel Dunkles mit sich. In ihrer letzten Konsequenz erfahren lässt sich die Finsternis nur, wenn man sich selbst mitten in ihr befindet.
Diese urmenschliche Erfahrung der zuweilen abgrundtiefen Finsternis spiegelt sich wie alle menschlichen Erfahrungen auch in der Heiligen Schrift wider: Darin geht es natürlich oft um das Schöne, Grosse, um die Erfolgsgeschichten. Aber mindestens so oft stehen auch die Herausforderungen im Leben jedes Menschen, der Verlust, die Schuld, das Schwere im Fokus. Das Klagen ist nicht ohne Lob und Dank zu denken, Ostern nicht ohne Karfreitag. Die biblischen Autoren machen sich und uns dabei nichts vor: Das Leben bringt grosse Fragen mit sich, an denen kein Weg vorbeiführt. Der Glaube ändert nichts an der Existenz und am Gewicht dieser grossen Fragen. Aber der Glaube kann unsere Perspektive darauf verändern. Er kann die Sache in ein neues Licht rücken – oder besser: Der Glaube kann eine Sache überhaupt erst in ein Licht rücken.
Jesus Christus selbst spricht denn auch: «Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.» (Joh 8,12)
Wie finster unsere Finsternis auch sein mag – geben wir diesem Licht mit dem Namen Christus eine Chance, in unsere Finsternis hineinzuscheinen und sie zu erleuchten!
Warum der November dunkel wirkt – und wie der Glauben etwas Licht bringen kann