23.08.2021

«Wir leben vom Direktverkauf»

Rohners Hoflädeli in Balgach gibt es seit 1995. Angebot und Dienstleistungen wurden seither stetig ausgebaut.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Reto WälterMitten im Riet, im Gebiet Krummensee, liegt Rohners Hoflädeli. Trotz der langen Anfahrt über einsame Strassen ist ab der Ladenöffnung um 16 Uhr ein stetiges Kommen und Gehen. «Zu Beginn der Woche ist es stets etwas ruhiger», sagt Carina Rohner, die den Bauernhof und Laden mit Ehemann Heinz führt.Nebst dem grossen Sortiment an frischem Gemüse und Obst gibt es auch Fleisch vom eigenen Hof, dazu Bäckerei-, Käse- und Milchprodukte sowie weitere Lebensmittel und viele Spezialitäten aus der Region. «Wir sind ein kleiner Lebensmittelladen, der die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs abdeckt», sagt Carina Rohner.Badehaus vom Baggersee war der erste HofladenDen Grundstein für den Direktverkauf legte Heinz Rohners Mutter Mitte der Neunzigerjahre, als sie das alte, kleine Badehaus vom Kriessner Baggersee kaufte und ihm auf dem Hof einen neuen Verwendungszweck als Lädeli gab. Darin verkaufte sie eigenes Gemüse und selbst gemachte Produkte von Bauernhöfen aus der Nachbarschaft. «Meine Schwiegermutter Roswita erzählte, dass sie den Laden eröffnete, weil schon damals Leute an sie herangetreten seien, die Produkte frisch vom Feld wünschten», sagt Carina Rohner. Damals wie heute sei es schwierig, Kunden zu gewinnen und zu behalten. Ihre Schwiegermutter habe das mit dem Hofladen, der damals jeweils nur samstags offen gewesen sei, vor allem wegen einiger treuer Stammkunden durchgezogen.Als Heinz Rohner 2010 auf dem elterlichen Betrieb einstieg, wurde der Direktverkauf an grössere Kunden wie etwa Altersheime verstärkt. «Wir profitierten davon, dass die Gemüsezentrale in Rebstein das Engros-Geschäft aufgab und wir die Kunden übernehmen konnten», sagt Heinz Rohner. Diese verlangten jedoch ein gewisses Grundsortiment, das deshalb erweitert wurde – auch indem man nun Produkte zukaufte.«Uns ist sehr wichtig, dass wir unsere Waren klar deklarieren und zeigen, woher sie kommen. Darauf achten wir im Laden sehr», sagt Carina Rohner. Damals wie heute ist das Ziel des Direktverkaufs, mehr Wertschöpfung zu erlangen. «Das ist für einen Mischbetrieb wie den unsrigen, der auch noch Milchwirtschaft betreibt und eigenes Fleisch verkauft, der einzige gangbare Weg», sagt Heinz Rohner. Er erklärt: «Die kleineren Stückzahlen machen wir mit einer höheren Marge wett. Dafür bieten wir eine breite Produktpalette mit Spezialitäten an. Der höhere Aufwand braucht mehr Arbeitskräfte. Fix arbeiten bei uns acht Angestellte, alles Schweizer übrigens.»Die Alternative wäre, sich zu spezialisieren und mit einem hohen Technisierungsgrad, also einem modernen und teuren Maschinenpark, auf Massenproduktion zu setzen. Auf Rohners Betrieb macht der Direktverkauf 50 bis 60 Prozent der Einnahmen aus. Nebst dem Hofladen stammen rund 15 Prozent von Kunden, die beliefert werden. Dazu gehört die «Gemüsebox». Kunden können sich per Abonnement eine Box an Produkten zusammenstellen, darunter mit saisonal wechselnden Vitaminspendern, die ihnen im gewünschten Turnus geliefert werden.Von morgens um sechs bis abends um acht auf TourAls Carina und Heinz Rohner 2015 den Bauernhof in dritter Generation übernahmen, liessen sie nicht nur den grosszügigen Hofladen bauen, sie lancierten auch die Gemüsebox. «Das war sozusagen ein Kind von mir und meiner Schwester, das wir 2016 an der Rhema vorstellten. Wir hofften auf etwa 20 Bestellungen», schaut Carina Rohner zurück und lacht: «65 Boxen hatten wir eine Woche später auszuliefern. Von morgen früh um sechs bis abends um 20 Uhr fuhren wir kreuz und quer durchs Tal, bis wir mit unserer ersten Tour fertig waren.»Spannend seien die Erfahrungen mit neuen Projekten, aber eben auch aufwendig und streng, bis alles sauber durchstrukturiert sei. Eine ähnliche Herausforderung, sich in kürzester Zeit auf eine neue Situation einzustellen und das nötige Material zu beschaffen, brachte letztes Jahr der coronabedingte Lockdown mit sich: Innert zwei Wochen schnellte die Anzahl der gewünschten Boxen von 180 auf 480 hoch. Dazu wurde auch der Hofladen gestürmt. «Teilweise standen 20 Kunden vor dem Laden und warteten, bis sie einen der 20 drinnen ablösen konnten», sagt Heinz Rohner und sinniert: «Es war, als ob sich die Leute nicht mehr in die grossen Einkaufszentren getrauten.»Inzwischen hat sich die Anzahl der Box-Bestellungen bei 300 eingependelt. «Unsere Kunden schätzen, dass die Produkte direkt vom Feld zu ihnen kommen und wir auch spezielle Waren anbieten, die man nicht mehr überall bekommt», sagt Carina Rohner. Einerseits neue exotische Gemüsesorten, aber auch Althergebrachtes wie etwa frische Erbsen oder schwarzer Rettich, der sich bestens zur Herstellung von Hustensirup eignet. Das Rezept legt Carina Rohner gleich bei. Das macht sie bei nicht mehr allseits bekannten Waren öfter.Mit dem erdigen Rüebli zur «Culinarium»-Königin«Mir sagten sogar schon Kunden, dass sie aufgehört hätten, selber zu gärtnern, weil sie hier die Qualität erhalten würden, die sie gerne hätten», sagt Carina Rohner. Dazu gehört, dass gewisse Produkte direkt aus dem Boden ins Gestell wandern, ungewaschen. Die Haltbarkeit wird so erhöht.«Der Geschmack einer Karotte beispielsweise ist für mich nur wirklich vollmundig, wenn man sie aus der Erde zieht und gleich so geniesst», sagt Carina Rohner. Davon habe sie auch die «Culinarium»-Jury überzeugen können. Der Trägerverein Culinarium unterstützt den Verkauf regionaler Produkte mit einem Gütesiegel. Jährlich wird auch ein «Culinarium»-König oder eine -Königin erkoren. Bei der Bewerbung um diesen Titel drückte die Balgacherin jedem Jurymitglied ein ungewaschenes Rüebli in die Hände – mit der Bemerkung: «Wenn ihr einmal erleben wollt, was eine Karotte frisch aus dem Boden wirklich an Geschmack bieten kann, dann beisst ihr da jetzt rein. Wen das abschreckt, darf das Rüebli selbstverständlich selber waschen gehen.» Das habe keiner gemacht. Und es überzeugte die Jury: Carina Rohner wurde zur «Culinarium»-Königin 2020 gekrönt.Die Bäuerin sagt zwar, dass solche Titel helfen, aber es sei trotz Werbung und Social-Media-Präsenz schwierig, die Kunden zu halten. Man müsse immer wieder neue Kreise erschliessen, die Pflege der Kundschaft und das ganze Marketing brauche viel Zeit. «Aber das gehört dazu, wenn man wie wir vom Direktverkauf lebt und diesen Prozentanteil noch weiter in die Höhe schrauben möchte», sagt Carina Rohner und ergänzt: «Es freut mich, dass wir Stammkunden durch alle Altersgruppen haben und dazu auch viele junge Familien mit kleinen Kindern gehören.»