10.11.2019

«Wir müssen gewappnet sein»

Sie haben den Ernstfall geübt: Zivile Institutionen und die Armee evakuierten Altersheimbewohner in St. Margrethen.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Hildegard BickelIm Mittelrheintal sind nach heftigen Regenfällen Bäche über die Ufer getreten und Hangrutsche entstanden. Zudem droht im Raum Widnau ein Dammbruch beim Rhein und die Wege nach St. Margrethen sind unterbrochen. Die Verantwortlichen des Regionalen Führungsstabes (RFS) Unteres Rheintal erarbeiteten ein realistisches Szenario und gingen davon aus, dass vorsorglich das Altersheim Fahr evakuiert werden muss. Deshalb fragten sie die Armee um Hilfe an. Eine Übung in dieser Grössenordnung findet alle zwei bis drei Jahre statt.Durchhalten und spontan handelnEine Gruppe der Logistik Offiziersschule, die sich am Vortag in St. Luzisteig befand, machte sich bereit für den Einsatz und fuhr mit dem Velo während der Nacht nach St. Margrethen. Der Schlafmangel war den Armeeangehörigen am Samstagvormittag kaum anzumerken, obwohl sie sich in einer Durchhalteübung befanden und seit rund 30 Stunden wach waren – mit höchstens zwei Stunden Schlaf dazwischen. An einer Medienkonferenz gab es zur geplanten Evakuierung eine weitere alarmierende Nachricht: Zwei Personen werden vermisst, ein Trupp mit drei Hunden nahm bereits die Suche auf. Im Altersheim warteten währenddessen elf Bewohner darauf, in Sicherheit gebracht zu werden – besonders eingeschränkte Personen, die auf den Rollstuhl oder eine Gehilfe angewiesen sind und medizinische Versorgung benötigen. Im Nebengebäude des Altersheims musste eine Person aus der Höhe evakuiert werden, die den Lift nicht benutzen konnte. Das Militär entschied, die Feuerwehr mit dem Hubretter aufzubieten.Familie Steingruber wohnt neben dem Altersheim und konnte mit den drei Kindern aus nächster Nähe beobachten, wie die Feuerwehr und die Männer im Tarnanzug zusammenarbeiteten. «Wie im Kino!» «Auf die Notfallorganisationen ist die Bevölkerung im Krisenfall dringend angewiesen», sagte Reto Friedauer, Gemeindepräsident von St. Margrethen. In der Regel sind dies Feuerwehr, Polizei und Sanität. Bei grösseren Ereignissen wie dem Übungsszenario wird der regionale Führungsstab mobilisiert. St. Margrethen war bisher eigenständig und ist neu Mitglied im RFS Unteres Rheintal. Auch der Zivilschutz kommt bei Krisen zum Einsatz und wenn es die Situation erfordert, hilft der Kanton und das Militär. «Das Rheintal erlebte einige kritische Situationen im vergangenen Jahrzehnt und es werden nicht weniger werden aufgrund der klimatischen Veränderungen», sagte Reto Friedauer. «Wir müssen gewappnet sein.»Reibungsloser Ablauf und auch mal ein SpässchenDie Übung verlief ruhig und übersichtlich. Die Bewohner machten gut gelaunt mit und erlaubten sich zwischendurch auch mal ein Spässchen. Sie liessen sich betreuen und später ins Heim zurückbringen. Die rund 80 Personen der Armee, die im Einsatz waren, verfügen über eine militärische Sanitätsgrundausbildung und sind zum Teil auch im zivilen Leben in medizinischen Berufen tätig. Auch die Vermissten, dargestellt von Aspiranten, wurden gefunden und versorgt. Die Mitglieder des regionalen Führungsstabes durften eine gelungene Übung miterleben.HinweisMehr Bilder auf rheintaler.ch unter Bilderstrecken.