05.03.2019

Zwei Jahre nach der Wahl der Knall

Andreas Trösch, der Aussenseiter im Gemeinderat, das schwarze Schaf, hat genug davon, gegen die Wand zu rennen. Nach zwei Jahren im Amt tritt der Parteilose zurück.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Der studierte Elektrotechniker und Betriebswirtschafter hatte als Mitglied des Gemeinderats von Beginn weg keine Chance. Er war eine «Persona non grata», wie er selbst es ausdrückt.Eine unerwünschte Person.Am Montag gab er dem Gemeinderat seinen Rücktritt bekannt.Gemeindepräsident Reto Friedauer fasst sich kurz. Er bestätigt Tröschs sofortigen Rücktritt, den der Gemeinderat, gestützt aufs Gemeindegesetz, genehmigt habe. Innerhalb von neun Monaten habe nun eine Ersatzwahl stattzufinden.Er hat sich widerborstig im Amt aufgeriebenBöse Zungen, die Trösch als Fremdkörper im Rat sahen, sind der Auffassung, ohne Rücktritt wäre das «Problem Trösch» spätestens mit der Bildung einer Einheitsgemeinde gelöst worden. Denn Bruder Roger Trösch, der Schulpräsident, müsste in einer Einheitsgemeinde zugleich dem Gemeinderat angehören; doch zwei Brüder in diesem Gremium wären rechtlich untersagt.Die Einheitsgemeinde habe bei seinem Rücktrittsentscheid keine Rolle gespielt, sagt Andi Trösch, wobei er anfügt, dass er keinen Wahlkampf gegen seinen Bruder führen würde – «die Familie geht deutlich vor».Die eigene Ermüdung sei vielmehr der Grund. Die Aussichtslosigkeit, im Rat Gehör zu finden. Das einstige FDP-Mitglied hat sich in den zwei Jahren im Gemeinderat als widerborstig erwiesen und sich im Amt aufgerieben. Seine Fragen seien unerwünscht gewesen, sagt er, ebenso seine kritische Haltung in manchen Dingen.Sein Fazit: Das gemeinderätliche Wirken zu hinterfragen, sei nicht im Sinn des Gremiums.Seine eigene Ungeduld kam ihm nicht entgegen.Viel getan, aber vieles alleinAndreas Trösch hatte innerhalb des siebenköpfigen Gemeinderats tatsächlich einen schweren Stand. Schon seine Wahl hatten die anderen Räte als Dämpfer empfunden. Es war dem Neuen nicht vergönnt, als Exekutivpolitiker als gleichwertiges Ratsmitglied ernst genommen zu werden.FDP-Präsident Ralph Brühwiler, der früher (vor Tröschs Zeit) ebenfalls dem Gemeinderat angehörte, hat Andi Trösch als sehr intelligenten, hochkompetenten Berufsmann kennengelernt. Allerdings mangle es ihm an der nötigen Teamfähigkeit, was zwischen ihm und Andi Trösch denn auch schon wiederholt ein Thema gewesen sei. Wo immer Andi Trösch mitgewirkt habe, sei es über kurz oder lang zur Trennung gekommen – ob bei der Feuerwehr oder beim Kino-Open-Air.Andererseits ist die Einsatzfreude Tröschs im Dienste der Allgemeinheit unbestritten; auch fürs St. Mazamba hat er viel getan.Als die FDP bei den letzten Gemeinderatswahlen ihre Kandidaten gefunden hatte und auch Andi Trösch kandidieren wollte, winkte die FDP-Parteispitze ab; mit vier von sieben Sitzen wäre die Partei im Gemeinderat übervertreten. Brühwiler legte Andi Trösch für den Fall, dass er tatsächlich zur Wahl antreten wolle, den Parteiaustritt nahe. Andi Trösch trat aus – und wurde (wie die FDP-Vertreter) in einer Kampfwahl mit zwei Überzähligen prompt gewählt.Politik «zu einseitig ausgerichtet»Nach Ansicht von Andreas Trösch ist St. Margrethens Politik zu sehr auf wenige Schwerpunkte ausgerichtet, dabei «wäre auch manche kleinere Aufgabe im Dorf anzupacken». Hinzu komme, dass bei der Konzentration auf Grosses gegnerische Stimmen kein Gehör fänden und sie den Gemeinderat nicht interessierten.Ausserhalb des Gemeinderats ist Andi Trösch mit seiner Kritik nicht allein. Erschwert wird der politische Diskurs durch das Verschwinden einer einst wichtigen Kraft – der CVP-Ortspartei, die sich aufgelöst hat. Andi Trösch schwebte daher noch vor Kurzem ein überparteilicher Stamm vor. Er sagt: «Wenn nur die Hälfte der St. Margrether, die politisch unzufrieden sind, gemeinsam etwas bewegen möchten, dann geht das auch, denn wegzuhören wäre dann nicht möglich.»Tröschs Kritik am gemeinderätlichen Wirken ist vielfältig, aber wegen des Amtsgeheimnisses eher grundsätzlicher Natur. Konkret beanstandet er, dass Schreiben aus der Bevölkerung, die «an den Gemeinderat» adressiert gewesen seien, den Ratsmitgliedern nicht konsequent zur Kenntnis gebracht worden seien – oder erst, wenn man auf anderem Weg davon erfahren und sich dann intern erkundigt habe.Ein anderer Punkt ist die Budgetierung. Andi Trösch ist im Dorf nicht allein mit der Auffassung, das Budget sei aufgeblasen und so gestaltet, dass sich am Ende des Jahres voraussichtlich ein fetter Gewinn verkünden lasse. Damit spricht er einen Wunsch an, den andere teilen: mehr Mut bei der Senkung des Steuerfusses.Andernorts sind Einzelne besser dranDass ein Gemeinderat, der ohne gleichgesinntes Gspänli im Gremium sitzt, nicht auf verlorenem Posten stehen muss, ist etwa am Beispiel Altstätten zu sehen. Hier vertritt der Stadtrat Ruedi Dörig a plus seit 14 Jahren im siebenköpfigen Gremium.Früher, im neunköpfigen Stadtrat mit sechs CVP-Vertretern, habe er zwar einen schweren Stand gehabt, doch heute schwärmt er regelrecht von der Zusammenarbeit. Es sei keine Spur von Parteiklüngel, Machtspielen oder Lobbying spürbar, «wirklich nichts dergleichen». Zugute komme ihm bei der stadträtlichen Tätigkeit auch die langjährige Erfahrung, die ihm als einzelnem Vertreter von a plus viel nütze. Die Erfahrung sei zudem mit reichlich Wissen kombiniert, was die Stellung im Rat zwangsläufig stärke.Um so weit zu kommen, muss ein einzelner Parteivertreter allerdings eine besondere Leistung erbringen. Formuliert als Redewendung: Erst Ausdauer bringt Früchte.