14.08.2018

Zwei Wochen zu früh

Nach der Trockenheit kehren die Rinder des Diepoldsauer Schwamms bereits heute ins Tal zurück. Die Alpabfahrt findet zwei Wochen früher als sonst statt.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Benjamin SchmidUm die von der Trockenheit geplagten Bauern zu entlasten, dürfen geschützte Wiesen vorzeitig geschnitten werden, und Landwirte erhalten Förderbeiträge, auch wenn sie früher von der Alp zurückkehren müssen. Vor allem Alpen, die an tieferen Lagen und Südhängen liegen, kämpfen gegen die Dürre. Besonders davon betroffen ist der Diepoldsauer Schwamm. «Am 15. August treten wir die Alpabfahrt an», sagt der Alphirt Ernst Frischknecht und ergänzt: «Das sind zwei Wochen früher als normal.» Sowohl Wasser- wie Futtermangel machen ihnen zu schaffen. Die Wiesen seien nicht braun, aber kaum gewachsen. War der erste Schnitt noch ertragsreich, fiel bereits der zweite Schnitt spärlich aus. «Ohne Wasser gibt es kein Wachstum und dadurch kein Futter für die Tiere», sagt Frischknecht. Sobald alles abgegrast ist, sei Schluss. Glücklicherweise hätten sie in diesem Jahr bereits eine Woche früher auf die Alp fahren können, sodass ihnen schliesslich nur eine Woche fehlt. «Es ist eine Ausnahmesituation. Wir mussten die Alp auch schon früher verlassen, dann war es aber wegen der Feuchtigkeit und den tiefen Böden.»Verhältnisse können sich täglich ändernIm Oberen Rheintal gibt es noch weitere Alpen, die wie der Diepoldsauer Schwamm auf einer kritischen Höhenlage liegen. Thomas Wüst von der Alp Kienberg treibt das Vieh jedes Jahr im Hochsommer ins Tal. Nun warte man die Wetterentwicklung ab, glaube aber fest daran, dass die Tiere nochmals auf die Alp können: «Wir wollen nochmals für fünf Wochen auf die Alp», sagt Wüst und ergänzt: «Für die Bauern im Tal wäre es wichtig, wenn die Tiere nochmals die Alpenkräuter futtern könnten.» Es sei eine eindrückliche Trockenheit, aber dank der relativ feuchten Alpböden nicht trostlos. «Wir entscheiden Tag für Tag.»Während auf dem Diepolds-auer Schwamm die Alpabfahrt definitiv zwei Wochen zu früh stattfinden wird, wartet man auf dem Montlinger Schwamm die nächsten Tage noch ab. «Wir bleiben mindestens noch zwei Wochen auf der Alp», sagt Alphirt Renato Loher. «Die Quellen fliessen und die Wasserreservoire sind voll. Es gibt keinen Grund, früher ins Tal zurückzukehren.» Der Name sei Programm. In anderen Jahren hätten sie mit der Feuchtigkeit und Nässe der Böden zu kämpfen, da der Schwamm das Wasser relativ gut speichern kann. «Dieses Jahr ist die Bodenbeschaffenheit ein Segen», sagt Loher.Ein ähnliches Bild zeigt sich auf der Alp Unterkamor bei Alppräsident Josef Oeler: «Wir erleben eine Extremsituation. An eine derart lange Trockenperiode kann ich mich nicht erinnern.» Trotzdem sei jeder Tag, an dem man auf der Alp bleiben kann, wichtig für die Bauern und ihre Tiere. «Im Tal sieht die Situation nicht besser aus. Dort fehlt das Futter auch und die Winterreserven müssen angezapft werden», sagt Oeler. Früher wäre es zu einer Katastrophe gekommen, heute jedoch reguliert die Globalisierung die Warenströme und die Bevölkerung merkt fast nichts von der Dürre hierzulande.