09.03.2018

Zweite Grenze wollte der Kanton

Zwischen Marbach und Rebstein gibt es zwei Grenzen – eine rechtliche und eine symbolische. Wie stark beide Dörfer zusammengewachsen sind, ist auch eine Frage der Perspektive.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererUntrügliche Zahlen liegen noch keine vor. Wieviel Fördergeld nach Rebstein-Marbach flösse, sollte es zur Fusion kommen, teilt der Kanton erst noch mit – im April, wie Gemeindepräsident Alexander Breu an einer Veranstaltung kürzlich meinte.Natürlich ist die Fusionsidee trotzdem schon jetzt ein grosses Thema. Skeptiker und Fusionsgegner widersprechen unter anderem der Feststellung, die beiden Dörfer seien längst zusammengewachsen.Im übertragenen Sinn sind sie es weitgehend. Denn wichtige Aufgaben wie jene des Bauamts – und somit solche Aufgaben, deren Erledigung von der Bevölkerung unmittelbar wahrnehmbar ist – werden zum Teil schon seit längerer Zeit gemeinsam erfüllt. Hingegen ist das Siedlungsbild je nach Blickwinkel ein anderes.Ein Bächlein als GemeindegrenzeWer von einem leicht erhöhten Punkt in Marbach nach Rebstein blickt (oder umgekehrt), kann den Eindruck gewinnen, die zwei Dörfer seien zu einem zusammengewachsen. Fällt der Blick aber von Schloss Weinstein hinab auf die Ebene, sticht ein ansehnlicher Grünstreifen ins Auge, der die «letzten» Häuser in Marbach von jenen in Rebstein trennt.Die hier verlaufende Bahnhofstrasse entspricht aber nicht der Gemeindegrenze. Diese ist ein unscheinbares Bächlein, das gleich nach den markanten Gewächshäusern in Richtung Osten fliesst (auf dem kleinen Foto links von den Gewächshäusern). Die dortige Häuserreihe am Bettengraben befindet sich bereits auf Rebsteiner Boden.Interessant ist ein kleiner Rückblick – tief in die Zeit hinein, als der vor 13 Jahren frühpensionierte Anselm Benz noch Gemeindepräsident war. Damals, vor ungefähr einem Vierteljahrhundert, dehnte sich Marbachs Wohngebiet im Amtacker-Quartier mehr und mehr in Richtung Rebstein aus. Sogar der Kanton hatte schliesslich den Wunsch nach einer optisch deutlichen Abgrenzung gegenüber dem Nachbardorf. Zwischen den nördlichsten Amtacker-Häusern ist heute ein schmaler Grünstreifen eingerichtet, eine Art Korridor samt Baumreihe, den das grosse Foto zeigt. Dieses symbolischen Grenzkorridors ungeachtet, trennt ein landwirtschaftlicher Grünstreifen noch heute die beiden Dörfer. Der trennende Charakter dieses Streifens fällt von oben eher auf als jemandem, der im Siedlungsgebiet in der Ebene unterwegs ist.Fusion «betrifft vor allem die Jungen»Anselm Benz, der sich bewusst nicht in die Politik einmischt und sich seit seinem Rücktritt tatsächlich konsequent zurückgehalten hat, vertritt die Meinung, über die Fusion sollten vor allem die Jungen entscheiden – also jene, die ein Zusammenschluss vor allem (weil weit in die Zukunft) beträfe. Sollten Marbach und Rebstein im Herbst Ja stimmen, hätte dieses Ergebnis nach Einschätzung von Anselm Benz sicher Signalwirkung: Weitere Fusionen in der Region, meint er, kämen dann eher.Während die Vertreter der politischen Gemeinden bereits die Vorzüge eines Zusammengehens betonten und die Primarschulgemeinde von Marbach sich in einer Stellungnahme doch eher kritisch geäussert hat, halten die Ortsgemeinden sich jedenfalls vorläufig zurück. Sie sind von allem ja auch nicht betroffen, denn beim Zusammenschluss geht es in erster Linie um eine Fusion von politisch Rebstein und politisch Marbach sowie um die Frage, ob auch die drei Schulen (d. h. die Primarschulen der beiden Dörfer sowie die gemeinsame Oberstufe) in eine neue Einheitsgemeinde integriert werden sollen.Um sich zum Thema ein Urteil zu bilden, fehlten noch handfeste Infos, sagt Walter Kobelt, Präsident der Ortsgemeinde Marbach. Solange diese nicht vorlägen und allen zugänglich seien, werde sich auch die Ortsgemeinde nicht äussern. Angenommen, es käme zur Fusion und es gäbe den neuen Ort Rebstein-Marbach, dann könnten theoretisch auch die beiden Ortsgemeinden sich zusammenschliessen. Ist das undenkbar? Walter Kobelt entgegnet: «Aus heutiger Sicht – so, wie die Ortsgemeinden jetzt aufgestellt sind – ja, ist das undenkbar.» Ein Spaziergänger, ein paar Jahre älter als Anselm Benz, der gerade Schloss Weinstein verlässt, meint, auf das Thema angesprochen, lachend: «In meinem Alter interessiert mich etwas anderes.» Er meint damit die Steuern, die er jährlich abzuliefern hat.