Berneck vor 17 Stunden

Von Glocken, Wein und Handwerk: Werkstattbesuch im Ortsmuseum

Das Ortsmuseum Berneck öffnet ein Fenster in die reiche Geschichte des Dorfes. Beim Werkstattbesuch der Rheintaler Kulturstiftung zeigte sich: Weinbau, Handwerk und Tradition prägen das Museum ebenso wie das Dorf.

Von pd
aktualisiert vor 8 Stunden

Das Ortsmuseum zählt zu den profiliertesten Museen im Rheintal. Mit Interesse folgten die Vertreterinnen und Vertreter der Rheintaler Kulturstiftung bei ihrem Werkstattbesuch den Ausführungen von Urs Castellazzi, Gemeinderat und Präsident der Museumskommission Berneck.

Ortsmuseum ist im Haus zum Torggel untergebracht

Das Haus zum Torggel wurde gemäss baugeschichtlicher Untersuchungen zwischen 1550 und 1600 erbaut. Seit Ende der 1970er-Jahre beherbergt es die ortsgeschichtliche Sammlung. Einzelne Objekte sind derzeit als Leihgaben im Museum Prestegg ausgestellt. Urs Castellazzi ist stolz auf die Sammlung und erläuterte im Rundgang weitere Fakten anhand ausgewählter Objekte der ortsgeschichtlichen Sammlung. Der Betrieb des Ortsmuseums wird durch die Mitglieder der gemeinderätlichen Museumskommission geführt. 

Das schmucke Dorf im geschützten Talwinkel am Fusse der Rebberge zeugt von Selbstbewusstsein und einer langen Geschichte. Der historische Dorfkern ist im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) aufgeführt. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort bereits im Jahr 892. Das entsprechende Pergament im Original wird im Stiftsarchiv des Kantons in St. Gallen aufbewahrt.

Und schon folgen weitere Superlative und Besonderheiten, angefangen mit dem Blick auf die nahe katholische Kirche – eine der ältesten im Rheintal mit Ursprüngen im zehnten Jahrhundert. Mit 9,2 Tonnen läutet seit 1938 die zweitschwerste Glocke der Schweiz in ihrem Turm. Nur das Berner Münster habe eine noch schwerere Glocke als Berneck. Zwar macht seit ein paar Jahren das Wissen um das Gewicht der Glocke der reformierten Kirche Herisau Berneck den Rang streitig. Aber Berneck hat noch einiges mehr zu bieten. Das seit der Reformation bis zum Bau der reformierten Kirche 1937 paritätisch geführte Gotteshaus spiegelt den zwischenmenschlich friedlichen Umgang wider und steht für eine grundlegend tolerante Haltung. 

Weinbau und Handwerk

Dank seiner klimatisch begünstigten Lage ist Berneck die flächenmässig grösste Weinbaugemeinde des Kantons St. Gallen. Bereits 1500 erhielt der Ort das Marktrecht, das sonst Städten vorbehalten war. Noch heute prägen Weinhandel und Rebbau das Dorfbild. Das erklärt auch das 1501 bzw. 1591 neu erbaute Rathaus mit Markthalle im Erdgeschoss. 

Neben anderen Handwerkskünsten wie Küferei, Gerberei, Korberei oder Drechslerei war die Töpferkunst besonders erfolgreich: Ihre Produkte wurden weit über die Region hinaus exportiert, und im Museum ist ihr ein ganzer Raum gewidmet. Damit verbunden ist auch der Beruf des Häftlimachers, wie Urs Castellazzi anhand von Beispielen in der Keramiksammlung erläutert. Mithilfe von Klammern oder eben Häften und einem speziell dazu entwickelten Keramikbohrer wurden Tongefässe repariert. 

Alte Handwerksberufe und das Torkelfest

Ein weiteres und besonderes Exponat, allerdings von anderer Dimension als der feine Bohrer, ist der mächtige Torkel aus dem 17. Jahrhundert, dessen Gewindespindel von 1678 stammt. Er wurde vor 70 Jahren in Thal erworben und ist – nach einigen aufwendigen Vorarbeiten – noch immer als Weinpresse nutzbar. Zum letzten Mal sei dies 2022 geschehen, weiss Urs Castellazzi. Gefeiert aber wurde er erst kürzlich wieder mit dem seit 1975 alle zwei Jahre stattfindenden und somit 25. Bernecker Torkelfest 2025, dem traditionellen Weinfest im Rheintal.

Das Museumskonglomerat wird seit ein paar Jahren ergänzt von einer an anderer Stelle abgebrochenen und hier wieder aufgebauten, funktionierenden Seilerei. Für das kommende Jahr plant die Museumskommission eine Sonderausstellung zum Werk des Bernecker Bildhauers und Künstlers Walter Jüstrich (1926 – 2006).
Der Stiftungsrat der Rheintaler Kulturstiftung lernte in dieser kurzweiligen Stunde viel. Er ging, mit dem neuen Wissen über Berneck und sein Ortsmuseum bereichert, zum Umtrunk  und zu einem Glas Bernecker Wein. Und kommt wieder.

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