Wenn man die Katakombe besucht, erhält man einerseits ein Gefühl davon, wo und wie sich die ersten Christen versammelten. Andererseits geben die Wandmalereien auch ein Verständnis von ihrem Glauben und ihrem Vertrauen in Jesus Christus wieder. Denn dort wird Jesus als der «gute Hirte» und nicht als mächtiger Herrscher oder als Unterdrücker abgebildet.
Dieses unscheinbare Fresko des «Pastor Bonus» lässt einen bei näherer Betrachtung nicht mehr los, denn es hängt eng mit dem Osterglauben zusammen. Der vierte Ostersonntag reflektiert theologisch das Ostergeschehnis und gibt eine Begründung, wieso Jesus Leid, Tod und Auferstehung auf sich nahm – es wird jeweils ein Evangelientext über die Gestalt des «guten Hirten» vorgetragen.
Das Bild des Hirten erscheint auf dem ersten Blick veraltet, ist aber zeitlos und hoch aktuell. Jesu Fürsorge um die Seinen wird mit einem friedlichen Bild dargestellt. Er greift, wie so oft, auf die alltägliche Erfahrung der Menschen damals zurück. Er erinnert seine Zuhörer an das, was sie alle aus dem Hirtenleben kennen, mit dem die Menschen damals vertraut waren.
Ein Hirte trägt eine Verantwortung gegenüber den Schafen, die ihm anvertraut sind. Es herrscht eine wechselseitige Beziehung zwischen Hirte und Herde: Die Schafe kennen die Stimme des Hirten und er kennt sie vom Aussehen und weiss um ihren Charakter. Darüber hinaus beschützt er sie vor Gefahren.
Wenn Jesus sich als der «gute Hirte» bezeichnet, dann sind all diese Aspekte zu berücksichtigen. Sein ganzes Wirken spiegelt sich in der Fürsorge um uns wider.
Was will Jesus also mit diesem Vergleich uns heute sagen?
Das Erste und Wichtigste: Er kennt uns und ruft uns beim Namen. Er kennt mich, besser als ich selbst mich kenne. Oft kennen andere mich besser, sehen Schwächen und Stärken an mir deutlicher als ich selbst. Aber auch wenn ich in der Selbsterkenntnis grosse Fortschritte mache, bleibe ich mir selbst immer noch ein Rätsel.
Jesus als der «Pastor Bonus» aber kennt mich ganz und gar. Nicht nur ein bisschen, sondern durch und durch. Ich muss mich also vor Jesus nicht verstellen – was für eine Erleichterung!
Das Bild des «guten Hirten» beinhaltet somit zwei wichtige Aspekte: Fürsorge und Akzeptanz seiner selbst. Denn einerseits geht Jesus liebevoll und fürsorglich mit jedem Einzelnen um, der ihm anvertraut ist. Andererseits dürfen wir darauf vertrauen, dass wir von ihm umsorgt und beschützt unseren Weg in die Zukunft gehen können.
Warum das Bild des «guten Hirten» heute relevant ist